Künstler im Skulpturenpark

Brigitte Kowanz

*1957 in Wien, Österreich † 2022 Wien, Österreich

Für Ihre Arbeit, die Brigitte Kowanz ortsspezifisch für den  Skulpturenpark der Gerisch-Stiftung entwickelt hat, setzt die Künstlerin das griechische Wort "Eidyllion"als Neonschrift in eine verspiegelte Glasbox, mit der die Mauer entlang des Transportwegs (Nebentor) von der Gerisch-Galerie in den Park verkleidet wurde. „Spiegel setze ich ein“, erläutert Brigitte Kowanz, „um Grenzen zu überbrücken und sie aufzulösen. Sie führen und vermehren das Licht. Als  Betrachter befindet man sich im realen Raum, und durch die Spiegel erhält man Zutritt in den virtuellen Raum der Installation.“ Symmetrien, Umkehrungen und  Vervielfältigungen von Formen sind die Basis von Brigitte Kowanz komplexer künstlerischer Arbeitsweise, in der sie immer wieder auf den "Werkstoff" Licht zurückgreift.

 

Betrachter ihrer Skulpturen geraten unversehens ins Schwanken und verlieren den festen Boden unter den Füßen. Am kritischen Punkt zwischen zwei Aggregatzuständen bricht die Symmetrie der Materie auseinander, sagen die Physiker. Diesen Effekt macht sich die Wiener Künstlerin zu Nutze. Eine semitransparente Spiegelfläche, mit der die Mauer vollständig verkleidet ist lässt den Betrachterblick zwar einerseits in das Innere der Glasbox auf den Neon-Schriftzug „Eidyllion“ zu, andererseits wirft er ihn zugleich in das Umfeld der Parklandschaft zurück. Wie eine kühne Erläuterung bezeichnet Kowanz in griechischem Alphabet gehaltener  Neonschrift die Umgebung des Gerisch-Parks und greift damit die programmatische Frage der Gerisch-Stiftung nach den kulturellen Bedingungen für die Wahrnehmung von Landschaft als Idylle auf. Doch „Eidyllion“ gibt diese vorgebliche Definition nicht nur preis, sie wirft den Blick nicht nur über den Spiegel zurück, die Installation fängt den Blick auch ein und gibt ihn dabei nicht mehr frei.

 

Die Glasbox ist zusätzlich auch von innen verspiegelt und so wird der Sehstrahl des Betrachters endlos zwischen den beiden Innenseiten des verspiegelten Raumes hin- und hergeworfen – mit dem Effekt, dass der Schriftzug „Eidyllion“ sich bis ins Unendliche dupliziert. Er entzieht sich letztlich als eine Imagination dem Zugriff, den sein Buchstabencode vorgibt. „Es entsteht ein Reflexionsraum unendlich vieler Bilder und  Augenblicksvervielfachungen.

 

2021 wurde der Sammlungsbestand mit der Innenarbeit "Focus" ergänzt.

[...]Die in unterbrochene Lichtkreise übertragenen Intervalle der Morseschrift ergeben das Wort „Focus“, das sich im Loop der Spiegelungen gleichsam um die eigene Achse dreht und sich dabei multiperspektivisch öffnet. Auch hier werden die Betrachterin, der Betrachter in ein Vexierspiel der mannigfaltigen Reflexionen und Verschränkungen, der Wahrnehmung und des Sehens einbezogen. Verweisen Titel und Gegenstand der Arbeit auf einen Blick- oder Brennpunkt, so zeigt sich selbiger hier als instabiles, wandelbares Phänomen.[...]

Belinda Grace Gardner (Auszug aus: OutsideInside - 20 Jahre Herbert Gerisch-Stiftung)

  • BK_Eidyllion
    Brigitte Kowanz, Eidyllion, 2010, Glas, Neonlicht, 200 × 800 cm, Foto: Jens Sauerbrey
  • BK_Eidyllion
    Brigitte Kowanz, Eidyllion, 2010, Glas, Neonlicht, 200 × 800 cm, Foto: Marianne Obst
  • BK_Eidyllion
    Brigitte Kowanz, Eidyllion, 2010, Glas, Neonlicht, 200 × 800 cm, Foto: Marianne Obst
  • BK_Focus
    Brigitte Kowanz, Focus, 2013, Neonlicht, Spiegel, Edelstahl, 90 × 90 × 19 cm, Foto: Studio Brigitte Kowanz