Künstler im Skulpturenpark

Jeppe Hein

*1974 in Kopenhagen/Dänemark, lebt und arbeitet in Berlin

Jeppe Hein ist weltweit in wichtigen öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten. Charakteristisch für seine Arbeiten ist eine minimale Bildsprache, die Konzeptuelles mit Sinnlichem vereint. Seine Werke erscheinen oftmals wie Aufmerksamkeitsstudien, die unser Bewusstsein schärfen, so auch die Modified Social Bench NY #10 und die Mirror Balloons der Gerisch-Stiftung.

 

Seine Kunst lädt dazu ein, die Welt forschend und fragend wahrzunehmen. Die Serie der Modified Social Benches ist dafür symptomatisch. Dieser Werkkomplex, der seit 2005 für den öffentlichen Raum konzipiert wurde, verrät den Tischler im Künstler und vereint Architektur und Möbeldesign mit Kommunikations- und Verhaltensstudien. Die traditionelle Parkbank wird durch unerwartete, humorvolle Verformung zweckentfremdet und dient nicht mehr allein der Erholung, sondern wird zu einem Ort der spielerischen Erkundung und des sozialen Austauschs. Jeppe Hein schafft somit eine Art „soziologische“ Skulptur, die unsere Verhaltens- und Wahrnehmungsnormen hinterfragt. Dabei versteht er seine Kunst als „Herzensöffner“ und möchte mit seinen Arbeiten soziale Grenzen überwinden helfen und Menschen unterschiedlicher Kulturen verbinden.

 

Die Kunst von Jeppe Hein wirkt auch deshalb so gut, weil sie oft ganz selbstverständlich „genutzt“ wird, ohne dass dem „Benutzer“ notwendigerweise bewusst ist, dass es sich um Kunst handelt. Wie beiläufig erfahren wir seine Kunst, die uns sensibilisiert aktiv(er) wahrzunehmen. Die bunten Mirror Balloons sind dafür ein treffendes Beispiel. Sie fordern uns auf, unsere Blickrichtung zu ändern. Nicht jeder nimmt die Ballons unmittelbar wahr, weil sie unter der Raumdecke, über unseren Köpfen, schweben. Die gebogene, reflektierende Oberfläche der Ballons gibt ein leicht verzerrtes Bild der jeweiligen Umgebung wieder. Der Spiegel, ein wiederkehrendes Element im OEuvre des Künstlers, hilft zudem den Betrachter zu involvieren. Der Besucher wird Teil der Arbeit und sieht sich mit Fragen wie diesen konfrontiert: „Wie sehe ich mich? Was sind meine Träume und Wünsche? Lebe ich sie, halte ich sie fest oder lasse ich sie entschwinden? Was macht dieses Bild mit mir?“

 

Die Kunst von Jeppe Hein wirkt ganzheitlich, verbindet Materielles mit Immateriellem und fordert auch uns ganzheitlich: unser Denken, unseren Körper, unseren Instinkt. Sein Gesamtwerk erscheint wie eine Durchdringung von Welt. Es geht um gelebte Erfahrung, tief empfundenes Glück, aber auch um Vulnerabilität und die eigene Verletzlichkeit. Erweiterte, intensive Erfahrungsräume entstehen so für jeden, der sich darauf einlassen möchte. Jeppe Heins Kunst bietet ein mögliches Refugium für ein andersartiges, entzerrtes Erleben jenseits der alltäglichen Beschleunigungsspirale.

 

Dr. Marie-Amélie zu Salm-Salm (Aus: OutsideInside - 20 Jahre Herbert Gerisch-Stiftung)

  • JH_Bench
    Jeppe Hein, Modified Social Bench NY #10, 2015, pulverbeschichtetes Aluminium (RAL 3020), 155 × 376 × 44 cm, Foto: Yanine Esquivel (HGS)
  • JH_Bench
    Jeppe Hein, Modified Social Bench NY #10, 2015, pulverbeschichtetes Aluminium (RAL 3020), 155 × 376 × 44 cm, Foto: Yanine Esquivel (HGS)
  • Social bench NY
    Jeppe Hein, Modified Social Bench NY #10 (Standort New York/USA), 2015, Courtesy KÖNIG GALERIE, Berlin / London, 303 GALLERY, New York, and Galleri Nicolai Wallner, Copenhagen, Foto: James Ewing / Courtesy Public Art Fund, NY
  • JH_Balloons
    Jeppe Hein, "Dark Blue and Light Purple Mirror Balloon (vertical)", "Light Yellow and Medium Orange Mirror Balloon" und "Light Orange, Medium Purple and Dark Blue Mirror Balloon", jeweils 2021, Glasfaser, verstärkter Kunststoff, Chromlack, Magnet, Schnur, 40 × 26 × 26 cm, Foto: Yanine Esquivel (HGS)
  • Jeppe Hein Mirror Balloons
    Jeppe Hein, "Light Yellow and Medium Orange Mirror Balloon", "Dark Blue and Light Purple Mirror Balloon (vertical)" und "Light Orange, Medium Purple and Dark Blue Mirror Balloon", 2021, Glasfaser, verstärkter Kunststoff, Chromlack, Magnet, Schnur, 40 × 26 × 26 cm, Foto: Studio Jeppe Hein
  • JH_PLakat
    Jeppe Hein, Plakat zur Ausstellung "The best things in life aren't things", 2022